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Freizügigkeitsleistungen aus Ruhegehaltsordnung: Versicherungsgericht St.Gallen entscheidet zu Gunsten der Stadt Wil

11. Juni 2014
Aufgrund eines parlamentarischen Vorstosses aus dem Jahre 1988 wurde 1992 vom Stadtparlament ein Reglement über die Ausrichtung von Ruhegehältern an Stadträte erlassen. Es sollte für eine Amtsinhaberin oder einen Amtsinhaber nach zwölf Jahren Dienst an der Stadt die finanziellen Voraussetzungen für den Wiedereinstieg in die Privatwirtschaft respektive für die Überbrückung der Zeit bis zur Pensionierung schaffen.
Antrag, das Ruhegehaltsreglement aufzulösen, anlässlich einer periodischen Arbeitgeberkontrolle durch die Sozialversicherungsanstalt St.Gallen (SVA) wurde im Januar 2010 festgestellt, dass es sich beim Ruhegehaltsreglement entgegen bisheriger Annahmen um keine gebundene Altersvorsorge gemäss den gesetzlichen Vorgaben der beruflichen Vorsorge (BVG) handelt. Die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge sind folglich weder AHV- noch steuerbefreit. Das geltende Ruhegehaltsreglement, welches nicht gegen geltendes Recht verstösst, erfüllte die Erwartungen, nämlich eine BVG-konforme und damit steuerlich und AHV-rechtlich attraktive Lösung verbunden mit einer Abgangsentschädigung, nicht: Die laufenden Beiträge der Stadtratsmitglieder dürfen nicht von der Einkommenssteuer abgezogen werden, zudem sind von den Beiträgen der Stadt Wil und der Versicherten AHV-Abzüge vorzunehmen. Damit war die Ruhegehaltslösung weder für die Stadt Wil noch für die betroffenen Mitglieder des Stadtrates von besonderem Vorteil und auch nicht im Sinne des Vorstosses von 1988. Der Stadtrat war daher der Meinung, dass das Ruhegehaltsreglement aufzuheben sei; das angesparte Kapital solle vollumfänglich ins jeweilige Freizügigkeitskonto des entsprechenden Stadtratsmitgliedes überwiesen werden. Bericht und Antrag infolge GPK-Motion vor diesem Hintergrund unterbreitete der Stadtrat dem Stadtparlament im September 2010 einen ersten Bericht und Antrag, der von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Parlaments vorberaten wurde. Nach der Vorberatung liess die GPK dem Stadtrat in wesentlichen Punkten abweichende Anträge zukommen. In der Folge zog der Stadtrat die Vorlage im Februar 2011 zur Überarbeitung zurück. Im September 2011 reichte die GPK eine Motion betreffend der Aufhebung des Ruhegehaltsreglements für Mitglieder des Stadtrats ein. In diesem Vorstoss wurde der Stadtrat eingeladen, dem Parlament Bericht und Antrag hierzu zu unterbreiten. Im Februar 2012 legte der Stadtrat dem Parlament einen entsprechenden zweiten Bericht und Antrag vor, welcher an der Parlamentssitzung vom 7. Juni 2012 beraten wurde.Klage gegen die StadtDie GPK unter dem Vorsitz von Klaus Rüdiger (SVP) hatte das Geschäft im Vorfeld dieser Sitzung vorberaten. Ein Schwerpunkt der Kommissionsberatung war dabei insbesondere die Anwendbarkeit des Freizügigkeitsgesetzes. Dabei beantragte die GPK unter anderem, dass die Auszahlung der eigenen Beiträge der Mitglieder des Stadtrates und der Beitragszahlungen der Stadt gemäss Ruhegehaltreglement vorzunehmen sei. Der Stadtrat beantragte hingegen, die Auszahlung der Sparguthaben sei gemäss Freizügigkeitsgesetz vorzunehmen. Das Stadtparlament folgte an seiner Sitzung vom 7. Juni 2012 dem Antrag der GPK. In der Folge klagten vier damals aktive Mitglieder des Stadtrats vor dem Versicherungsgericht des Kantons St.Gallen auf Auszahlung der Sparguthaben aus der Ruhegehaltsordnung gemäss Freizügigkeits-Gesetz Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.Gallen. Das St.Galler Versicherungsgericht hat nun in dieser Sache entschieden und hat die Klage gegen die vier Klägerinnen und Kläger beziehungsweise zu Gunsten der Stadt Wil entschieden: Das Versicherungsgericht ist gemäss seinem Entscheid vom 22. Mai 2014 davon ausgegangen, dass es sich bei den fraglichen Sparguthaben nicht um eine Altersvorsorge im Sinne des BVG handelt und die Auszahlung der Gelder nicht einem Freizügigkeitsfall entsprechen, sondern um eine Auszahlung infolge der Auflösung der Ruhegehaltsordnung. Damit bestätigt das Gericht, dass die von der GPK beantragte und vom Stadtparlament genehmigte Regelung angemessen ist.Das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons St.Gallen ist noch nicht rechtskräftig; derzeit läuft noch die Beschwerdefrist.