Gegenvorschlag für Volksinitiative "30-Minuten Gratisparkieren"

Das Stadtparlament spricht sich mit 27 zu 12 Stimmen gegen die Volksinitiative "30-Minuten Gratisparkieren" aus. Es gab der vorberatenden Kommission den Auftrag, einen Gegenvorschlag zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt auszuarbeiten. Weiter hat das Parlament einer Anpassung der Schulordnung und einer Änderung des Tarif- und Subventionssystems für die familienergänzende Kinderbetreuung zugestimmt.

04. März 2021

Die Volksinitiative "30-Minuten Gratisparkieren" verlangt, dass auf dem Gebiet der Stadt Wil das Parkieren auf öffentlichem Grund in Zonen mit Gebührenpflicht während den ersten 30 Minuten gratis ist. Die Initiative wurde von einer nicht-ständigen Kommission vorberaten, welche Roman Rutz (EVP) präsidiert. Er erklärte, dass die Initiative nicht der richtige Weg sei für eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt. Das Ziel, die Innenstadt zu beleben, die Aufenthaltsqualität zu steigern und die Frequenzen zu erhöhen, würden indes alle Kommissionsmitglieder als wichtig erachten.

2019 hatte das Stadtparlament eine Motion erheblich erklärt, womit 10 Prozent der Parkgebühren in einen Stadtfonds gelangen sollen, um die Standortattraktivität zu erhöhen. Dieses Reglement besteht zurzeit noch nicht. Die vorberatende Kommission stellte nun den Antrag, die Volksinitiative abzulehnen und einen Gegenvorschlag im Sinne der erwähnten Motion auszuarbeiten.

Erwin Böhi verteidigte im Namen des Initiativkomitees und der SVP-Fraktion die Initiative. Diese sei ein einfacher und schneller Weg, um eine Verbesserung der Situation für Gewerbe und Gastronomie zu erreichen. Die Mindereinnahmen von 600'000 Franken oder lediglich 0,4 Prozent des Budgets der Stadt seien zu verkraften.

Massnahmen bereits in Erarbeitung

Stadtpräsident Hans Mäder unterstützte den Antrag der vorberatenden Kommission. Mit einem Stadtfonds und entsprechenden Massnahmen helfe man dem Gewerbe viel mehr. Diesbezüglich habe eine Arbeitsgruppe auch schon viel Arbeit geleistet und Massnahmen ausgearbeitet; so sei beispielsweise ein gemeinsamer Auftritt der Geschäfte der Innenstadt geplant oder kurzfristige Massnahmen wie Sitzplätze oder Verschönerungen. Er betonte, dass Gratisparkieren nicht gratis sei, sondern von den Steuerzahlenden bezahlt werde.

Die Initiative spreche die falschen Leute an, meinte Guido Wick (GRÜNE prowil). Es würde diejenigen Menschen in die Stadt bringen, die jeden Rappen umdrehen. Er betonte, dass die Initiative eine falsche Wirkung entfalte und teuer sei. Daniel Gerber (FDP), welcher die Motion für den Stadtfonds seinerzeit einreichte, betonte nochmals, dass damit viel mehr erreicht werden könne und die Initiative gar kontraproduktiv sei. Man müsse vorwärtsschauen und neue Ideen entwickeln, sagte Dora Luginbühl (SP). Deshalb unterstütze sie die Ausarbeitung des Gegenvorschlags.

Schliesslich gab das Parlament der vorberatenden Kommission den Auftrag, den Gegenvorschlag auszuarbeiten. Gleichzeitig empfiehlt es dem Stimmvolk, die Initiative abzulehnen.

Anpassung der Schulordnung

Für verschiedene Angebote im nicht obligatorischen Bereich der Volksschule werden Elternbeiträge erhoben. Der Nachtrag I zur Schulordnung schafft einheitliche Grundlagen für deren Bemessung. Die Präsidentin der vorberatenden Bildungskommission, Dora Luginbühl, wies darauf hin, dass in den vergangenen Jahren unterschiedliche schulergänzende Angebote entstanden seien. Der Nachtrag zur Schulordnung soll den Spielraum für die Tarife festlegen und verlässliche Grundlagen schaffen.

Daniel Gerber (FDP) erklärte, dass eine einheitliche Bewertungspraxis wichtig sei. Sebastian Koller (GRÜNE prowil) kritisierte, dass diese Vorlage zwei Jahre zu spät im Parlament sei, er diese nun aber unterstütze. Christine Hasler (CVP) betonte, dass mit tiefen Tarifen die Angebote auch beansprucht würden. Der zuständige Stadtrat Jigme Shitsetsang zeigte sich zufrieden mit der Aufnahme der Vorlage im Parlament und erklärte, dass die redaktionellen Anpassungsvorschläge der vorberatenden Kommission vom Stadtrat unterstützt werden. Der Nachtrag I zur Schulordnung wurde schliesslich einstimmig genehmigt.

Tarife und Subventionen für Kindertagesstätten

Im Anschluss stand die Anpassung des Tarif- und Subventionssystems der familienergänzenden Kinderbetreuung auf der Traktandenliste. Marcel Malgaroli stellte im Namen der FDP-glp-Fraktion einen Rückweisungsantrag. Die rechtlichen Grundlagen für die Erhebung der Tarife fehlten. Zudem sollten die Plätze für Kinder von Eltern mit hohen Einkommen oder einem gewissen Vermögen nicht subventioniert werden. Benjamin Büsser (SVP) betonte, dass die SVP die Subventionierung von Kindertagesstätten unterstütze. Er gab Malgaroli aber recht, dass zuerst die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden müssten und die Subventionen zu breit gestreut seien.

Sebastian Koller (GRÜNE prowil) wies ebenfalls auf die rechtlichen Mängel hin, unterstützte den Rückweisungsantrag aber nicht. Die rechtlichen Mängel bestünden schon heute. Mit einer Rückweisung sei deshalb nichts erreicht. Die Tarife müssten unbedingt angepasst werden. Valeska Stolz erklärte im Namen der SP-Fraktion, dass sie die Vorlage unterstütze. Um die Kantonsbeiträge für die Familien schnell einsetzen zu können, sei eine Verabschiedung der Vorlage jetzt nötig. Auch Christine Hasler (CVP) war dieser Meinung. Der Mittelstand müsse unterstützt werden und die Stadt Wil soll familienfreundlich sein.

Stadtrat Dario Sulzer betonte, dass die familienergänzende Betreuung von grosser Wichtigkeit sei. Da die aktuell geltenden Tarife für viele Familien hoch bis sehr hoch seien, sollen diese nun angepasst werden. Mit dem Rückweisungsantrag der FDP-glp-Fraktion könnten wesentliche Ziele der Vorlage nicht erreicht werden. Die Anträge des Stadtrats wurden schliesslich gutgeheissen. Zudem hat das Parlament Empfehlungen zur anstehenden Ausarbeitung des Tarifreglements an den Stadtrat überwiesen.

Delegierte für die Regio Wil

Zu reden gab auch die Wahl der Delegierten für den Verein Regio Wil. Zwei Delegierte wurden bereits durch den Stadtrat bestimmt und nun durch das Parlament bestätigt. Es sind dies Stadtrat Andreas Breitenmoser und Stadträtin Ursula Egli. Das Parlament entsandte schliesslich Daniel Gerber (FDP-glp), Reto Gehrig (CVP) und Sebastian Koller (GRÜNE prowil) als Delegierte. Die Kandidatur von Pascal Stieger (SVP) erhielt nicht genügend Stimmen.

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02.01 Verein Regio Wil / Wahl der Delegierten

Antrag auf geheime Wahl von Benjamin Büsser (SVP):

25 Ja, 13 Nein, 1 Enthaltung

Ordnungsantrag Christoph Hürsch (CVP): Es sei die Ersatzstimmenzählerin der FDP anstelle von Daniel Gerber einzusetzen.

38 Ja, 1 Nein, 1 Enthaltung

Fraktionssitz FDP/SVP:

Ausgeteilte Stimmzettel: 40, Eingegangen: 40, Leer: 3, Ungültig: 1, Gültig: 36, absolutes Mehr: 19

Gewählt ist mit 24 Stimmen Gerber Daniel (FDP-glp)

Stieger Pascal (SVP) erhielt nicht genügend Stimmen.

Fraktionssitz CVP: Gehrig Reto (CVP)

Fraktionssitz SP/GRÜNE: Koller Sebastian (GRÜNE prowil)

Handmehr: Grossmehrheitlich gewählt

2 Delegierte durch Stadtrat:

Stadtrat Breitenmoser Andreas

Stadträtin Ursula Egli

Handmehr: Grossmehrheitlich gewählt

02.02 Nachtrag I zur Schulordnung / Grundlagen für Elternbeiträge bei den schulergänzenden Angeboten

Anträge des Stadtrats:

1. Der Nachtrag I zur Schulordnung sei zu genehmigen.
40 Ja, 0 Nein, 0 Enthaltungen
2. Es sei festzustellen, dass der zustimmende Beschluss zu Ziffer 1 gemäss Art. 7 lit. a der Gemeindeordnung vom 28. Februar 2016 dem fakultativen Referendum untersteht.
Feststellung

Anträge der Bildungskommission

1. Ingress: Ergänzung
2. Art. 5 Abs. 2: Anpassung
3. Art. 5 Abs. 1: unverändert
4. Art. 5bis Abs. 2 lit. a: Ergänzung
5. Art. 5bis Abs. 2 lit. c: Anpassung
40 Ja, 0 Nein, 0 Enthaltungen

02.03 Familienergänzende Kinderbetreuung im Vorschulalter in der Stadt Wil / Anpassung Tarif- und Subventionssystem

Antrag der FDP-glp-Fraktion auf Rückweisung:

Der Bericht und Antrag für die Familienergänzende Kinderbetreuung im Vorschulalter in der Stadt Wil / Anpassung Tarif- und Subventionssystem sei mit folgenden Aufträgen an den Stadtrat zurückzuweisen:

  • Für das Tarif- und Subventionssystem seien zuerst die rechtlichen Grundlagen zu erarbeiten.
  • Das Tarif- und Subventionssystem sei so auszugestalten, dass die jährlich wiederkehrenden Mehrausgaben den Betrag von Fr. 300'000 nicht überschreiten (Bruttobetrag; d.h. inkl. allfällige Beitragsleistungen des Kantons)
  • Das Tarif- und Subventionssystem sei so auszugestalten, dass Alleinstehende mit steuerbarem Vermögen über Fr. 100'000 und Verheiratete mit steuerbarem Vermögen über Fr. 150’000 auf jeden Fall den Maximaltarif bezahlen.

18 Ja, 22 Nein, 0 Enthaltungen

Empfehlungen der vorberatenden Kommission

1. Anpassung Tarifreglement Art. 5 Abs. 2: Der Vermögensgrenzwert gemäss Art. 12 Abs. 3 der Verordnung zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Krankenversicherung wird berücksichtigt. («nicht» gestrichen)

2. Anpassung Tarifreglement Art. 3 lit. e: In der Regel darf die subventionierte Betreuungszeit die Berufstätigkeit oder die Aus- und Weiterbildungszeit der Eltern nicht übersteigen. Das zuständige Departement definiert die Ausnahmen für eine Subventionierung von Betreuungsplätzen aufgrund einer sozialen Indikation.

3. Der Stadtrat unterbreitet dem Parlament Ende September 2021 ein Reglement, das die formal korrekte gesetzliche Grundlage für die Subventionierung der familienergänzenden Kinderbetreuung bildet.

Empfehlungen der SP-Fraktion

1. Der Vermögensgrenzwert soll mit der formell korrekten gesetzlichen Grundlage eingeführt werden (voraussichtlich Sommer 2022).

2. Anpassung Tarifreglement: Art. 3 lit. e sei ersatzlos zu streichen.

Abstimmungen zu den Anträgen:

Abstimmung über Empfehlung 1 der Kommission

22 Ja, 17 Nein, 1 Enthaltung

Gegenüberstellung Empfehlung 2 der Kommission zur Empfehlung 2 der SP-Fraktion (Änderung oder Streichung Art. 3 lit. e Tarifreglement).

26 Kommission, 14 SP, 0 Enthaltungen

Empfehlung 2 der Kommission

22 Ja, 18 Nein, 0 Enthaltungen

Abstimmung über Empfehlung 3 der Kommission (Schaffung gesetzliche Grundlage)

40 Ja, 0 Nein, 0 Enthaltungen

Abstimmung über Empfehlung 1 der SP-Fraktion (Zeitpunkt Einführung Vermögensgrenzwert)

15 Ja, 20 Nein, 5 Enthaltungen

Anträge des Stadtrats:

1. Den Eckwerten des neuen Tarifsystems gemäss Ziffer 5 des vorliegenden Berichts wird zugestimmt.

26 Ja, 14 Nein, 0 Enthaltungen

2. Ab dem Jahr 2021 seien den zusätzlichen jährlich wiederkehrenden Ausgaben von maximal Fr. 450’000.– für die familienergänzende Kinderbetreuung im Vorschulalter zuzustimmen.

25 Ja, 15 Nein, 0 Enthaltungen

3. Der Stadtrat wird ermächtigt, im Rahmen der Eckwerte des neuen Tarifsystems gemäss Ziffer 5 des vorliegenden Berichts ein Tarifreglement zu erlassen.

30 Ja, 10 Nein, 0 Enthaltungen

4. Die zustimmenden Beschlüsse zu Ziffer 1 bis 3 seien gemäss Art. 7 Gemeindeordnung gesamthaft dem fakultativen Referendum zu unterstellen.

Feststellung

02.04 Volksinitiative "30-Minuten Gratisparkieren auf dem Gebiet der Stadt Wil"

Anträge des Stadtrats

1. Die Volksinitiative «30-Minuten Gratisparkieren auf dem Gebiet der Stadt Wil» sei ohne Gegenvorschlag abzulehnen.

2. Es sei festzustellen, dass der Beschluss zu Ziffer 1 gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a Gemeindeordnung der Stimmbürgerschaft zum Entscheid unterbreitet wird.

Feststellung

Anträge der vorberatenden Kommission

1. Die Volksinitiative «30-Minuten Gratisparkieren auf dem Gebiet der Stadt Wil» sei abzulehnen.

12 Initiative Ja, 27 Initiative Nein, 1 Enthaltung

2. Das Stadtparlament beauftragt die vorberatende Kommission, einen Gegenvorschlag zur Initiative auszuarbeiten.

31 Ja, 9 Nein, 0 Enthaltungen

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40 von 40 Mitgliedern des Stadtparlaments waren an der Sitzung anwesend.

Es wurden folgende parlamentarische Vorstösse eingereicht:

  • Interpellation Guido Wick (GRÜNE prowil): Netzergänzung Nord (NeNo)
  • Interpellation Benjamin Büsser (SVP): Standortentwicklung WILWEST: Möglichkeit für Grundsatzabstimmungen

Parlamentspräsident Christof Kälin gab die Zusammensetzung der nicht-ständigen Kommission "Quartiertreff Lindenhof" bekannt: Bosshart Roland (CVP, Präsident), Lusti Sandra (CVP), Böhi Erwin (SVP), Gerber Daniel (FDP-glp), Schweizer Jannik (FDP-glp), Luginbühl Dora (SP), Grob Meret (GRÜNE prowil).

Kälin schloss die Sitzung um 20.52 Uhr.

Ausführliche Informationen zur Parlamentssitzung sind hier zu finden.