Editorial
Es freut mich, dass ich Sie zur zweiten Ausgabe unseres Newsletters zur Ortsplanungsrevision begrüssen darf. Am 30. August 2024 fand die erste sogenannte Strategiekonferenz statt, bei der sich Vertreterinnen und Vertreter aus Quartieren, Gewerbe, Politik, der Verwaltung und verschiedenen anderen Organisationen einen ganzen Tag lang intensiv mit der Zukunft unserer Stadt beschäftigt haben.
Besonders wichtig bei dieser Konferenz war, dass wir die Menschen, die von den zukünftigen Entwicklungen direkt betroffen sein werden, frühzeitig eingebunden haben. So konnten wir teilweise die Anliegen und Wünsche der Bevölkerung und aller relevanten Akteure besser verstehen und berücksichtigen. Die Teilnehmenden sind damit nicht nur Impulsgeber, sondern auch Botschafter für die Ortsplanungsrevision.
Auch wenn die Strategiekonferenz selbst keine rechtlichen Beschlüsse fasst, ist sie eine wichtige Plattform für den Austausch. Sie berichtet direkt an den Stadtrat und bringt eine Vielzahl an Perspektiven zusammen – welche von den Planerteams und Fachabteilungen der Stadtverwaltung direkt vor Ort gehört und anschliessend aufgearbeitet werden. Dies ermöglicht es uns, in einem effizienten Prozess breit abgestützte und gut koordinierte Lösungen zu entwickeln.
Wenn Sie mehr über die Inhalte und Diskussionen dieses spannenden Tages erfahren möchten, lesen Sie weiter im Newsletter. Mich hat die positive Stimmung und das Miteinander an der ersten Strategiekonferenz fasziniert.
Urs Müller, Departementsleiter Bau, Umwelt und Verkehr
Ergebnisse der Strategiekonferenz
An der Strategiekonferenz am 30. August 2024 sowie aus der anschliessenden nachträglichen E-Mitwirkung der anwesenden Teilnehmenden wurden verschiedene Themen und Kernpunkte eingebracht.
- Stadt- und Siedlungsentwicklung: Es wird ein besonderer Fokus auf die Erhaltung und Entwicklung der historischen Bausubstanz in der Altstadt gelegt. Zudem sind Netzergänzungen und die Stärkung der lokalen Identität im Zentrum von Bronschhofen ein weiteres Thema, welches eingebracht worden ist.
- Verkehr und Vernetzung: Die Sicherheit und Vernetzung der Fuss- und Radwege sollen verbessert werden, insbesondere zwischen den Quartieren.
- Entwicklungsareale: Mehrere Schlüsselgebiete, wie das Kindlimann Areal, das Integra Areal, Zeughausareal etc. sollen auf ihre Entwicklungspotenziale hin untersucht werden.
- Wohnraum und Verdichtung: Strategien zur Verdichtung und Bereitstellung gemeinnütziger Wohnraum sollen aktiv geprüft werden, wobei besondere Aufmerksamkeit auf die Integration von Freiräumen gelegt werden soll.
- Öffentliche Bauten und Schulraumplanung: Es soll eine sorgfältige Koordination zur Schulraumplanung stattfinden.
- Freiraum und Grünflächen: Die Vernetzung und Aufwertung von Grünräumen zur Hitzeminderung und Förderung der
- Biodiversität soll konkretisiert werden. Information an das Parlament.
Information an das Parlament
Am 18. September 2024 fand ein Informationsanlass über den Ablauf, Prozess und die Ergebnisse der Strategiekonferenz statt, an welchem 14 Parlamentarierinnen und Parlamentarier teilgenommen haben. Dabei wurden Fragen aufgeworfen, wie die einzelnen Voten und Anliegen der Teilnehmenden zu gewichten seien und ob nur dieser Teilnehmerkreis zur Mitwirkung eingeladen werde.
Die Rückmeldungen aus der Strategiekonferenz variierten stark: Einige waren sehr konkret und operativ, andere eher strategisch. Die Fachplanerteams werden nun in Zusammenarbeit mit den zuständigen Abteilungen der Stadtverwaltung Lösungsansätze für die Anliegen entwickeln, die im Rahmen der Ortsplanung relevant sind. Anliegen, die nicht in diesen Bereich fallen, werden direkt an die entsprechenden Abteilungen weitergeleitet.
An der Retraite am 11. November 2024 wird sich der Stadtrat mit den eingegangenen Ergebnissen beschäftigen. Wir befinden uns noch in einer frühen Phase des Prozesses. Die Mitwirkung wird jedoch nicht nur auf die Teilnehmenden der Strategiekonferenz beschränkt sein. Später werden die Bevölkerung, Institutionen, Organisationen und Parteien die Gelegenheit erhalten, sich aktiv einzubringen.
Zeitplan und nächste Schritte
Am 7. März 2025 findet die 2. Strategiekonferenz mit den eingeladenen Vertreterinnen und Vertretern statt. Diese spielt eine Schlüsselrolle in der Fortführung und Entwicklung der laufenden Projekte. Dabei werden die überarbeiteten Teilprojekte und das verfeinerte Gesamtbild von den Fachplanerteams präsentiert und reflektiert. Dies bietet eine wertvolle Plattform, um den Fortschritt seit der ersten Strategiekonferenz zu bewerten und weitere Verbesserungen zu diskutieren.
Gemeinsam Wil formen
Einblicke und Stimmen aus unserer StadtGerne möchte ich Ihnen einen Einblick geben, was mich im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Ortsplanungsprozess beschäftigt.
„Jedes Haus ist Teil der Stadt“
Das Verhältnis von Architektur und Stadtplanung war schon immer sehr eng. Folgende Aussage des Tessiner Architekten Luigi Snozzi bringt es auf den Punkt: "Baust Du einen Weg, ein Haus, ein Quartier, dann denke an die Stadt!" So gesehen ist jedes Bauwerk ein Steinchen im Mosaik des Stadtbilds und wird damit ein begründender Bestandteil der Stadt. Um diesen Teil jedoch beizutragen zu können, müssen die Architektinnen und Architekten ein Bild der Stadt vor Augen haben. Wie sonst wüsste man, wie sich die eigenen Entscheidungen in die Gesamtheit einfügen können? Wie sonst stellt man das eigene Bauwerk in den Dienst der Stadt? Der Prozess der Ortsplanung ermöglicht es, dieses Bild der Stadt gemeinschaftlich zu entwickeln und auszuhandeln. Erst darin entstehen die räumlichen, funktionalen und gestalterischen Zusammenhänge, in die sich die Wege, Häuser und Quartiere fügen können.
Ein gemeinsam erarbeitetes räumliches Zielbild erlaubt es, mit dem eigenen Gebäude zum Gesamten beizutragen, oder wie Snozzi es formuliert hat: an die Stadt zu denken.Dies sollte uns allen Antrieb und Anregung sein, um bei öffentlichen Gebäuden ebenso wie bei privaten Projekten den Nutzen für die Gemeinschaft vor Augen zu haben – und damit die Stadt Wil zu stärken.
Marko Sauer, Co-Leiter Abteilung Hochbau
Innenverdichtung - mehr als nur Beton
An der Strategiekonferenz wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob Innenverdichtung nicht unsere Lebensqualität negativ beeinflusse. Dazu möchte ich Ihnen aus Sicht der Stadtplanung folgendes mitteilen:
Die städtische Innenverdichtung ist oft missverstanden und wird häufig mit der Vorstellung von „Betonwüsten“ gleichgesetzt. Doch diese Perspektive verkennt das Potenzial, das eine klug durchdachte Innenverdichtung eine hohe Lebensqualität in urbanen Räumen bieten kann.
Innenverdichtung, richtig umgesetzt, ist ein entscheidendes Instrument, um auf den wachsenden Platzbedarf in Städten zu reagieren, ohne dabei die grünen Aussenbereiche zu opfern. Sie zielt darauf ab, bestehende städtische Strukturen effizienter zu nutzen, Leerstände zu aktivieren und Infrastrukturen optimal auszulasten. Die Herausforderung besteht darin, diese Verdichtung so zu gestalten, dass sie nicht nur funktional, sondern auch lebenswert ist.
Städtebauliche Anforderungen spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Sie können sicherstellen, dass neue Bauprojekte nicht nur die Notwendigkeit zusätzlichen Wohnraums erfüllen, sondern auch die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner verbessern. Dazu gehören Vorgaben bezüglich der Verfügbarkeit von Grünflächen, der Einbeziehung von Gemeinschaftsanlagen, der Zugänglichkeit öffentlicher Verkehrsmittel und der Integration nachhaltiger Bauweisen.
Innenverdichtung bedeutet also nicht, den Lebensraum zu verkleinern, sondern ihn intelligenter und nachhaltiger zu gestalten. Sie bietet die Möglichkeit, urbane Räume zu revitalisieren und gleichzeitig den ökologischen Fussabdruck der Stadt zu minimieren.
Im Ortsplanungsprozess werden wir uns im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts damit beschäftigen und konkrete Vorschläge ausarbeiten.
Oliver Gröble, Leiter Stadtplanung