Stadtparlament weist Bericht und Antrag zum Nahwärmeverbund Lenzenbüel zurück

Das Wiler Stadtparlament hat an seiner Sitzung vom 1. September 2022 nach intensiver Diskussion den Antrag auf einen Kredit von 3.23 Millionen Franken für die Projektierung und den Bau des Nähwärmeverbundes Lenzenbüel zurückgewiesen. Zudem stimmte es einer zusätzlichen Einlage von 600'000 Franken in den Energiefonds zu.

01. September 2022

Mit dem Nahwärmeverbund Lenzenbüel sollte Restholz aus der Produktion der Firma S. Müller Holzbau AG thermisch verwertet werden. Dadurch könnten mehrere benachbarte Liegenschaften mit Wärme versorgt werden. Die Fraktion GRÜNE prowil beantragte, das Geschäfts zurückzuweisen. Deren Sprecher Guido Wick hielt fest, dass das Stadtparlament vor vier Jahren einem Kredit für ein Gesamtkonzept Wärme zugestimmt habe. Nun werde lediglich ein Teilstück eines Konzepts vorgelegt. Er verlange deshalb vom Stadtrat, möglichst zeitnah ein Gesamtprojekt zur Wärmeversorgung mit Fernwärme in der Stadt Wil zu unterbreiten. Stadtrat Andreas Breitenmoser wies darauf hin, dass mit dem vorliegenden Projekt innert kurzer Zeit regional Wärme angeboten und die Wertschöpfung in der Region belassen werden könne. Der Stadtrat wolle die sich bietende Chance ergreifen und eine Alternative zu fossiler Wärmeversorgung schaffen.

Es seien zügige Schritte zum Ersatz fossiler Energieträger nötig, bekräftigte auch Christof Kälin im Namen der SP-Fraktion. Das vorliegende Projekt scheine zielführend, weshalb sich die SP-Fraktion gegen eine Rückweisung ausspreche. Auch die SVP-Fraktion spreche sich mehrheitlich gegen eine Rückweisung aus, hielt Klaus Rüdiger fest. Das Projekt sei ein erster Schritt in Richtung Versorgungssicherheit und fördere die regionale Wertschöpfung.

Ein Umstieg auf eigene, alternative Energieträger sei wichtig, sagte Harry Huber (FDP-glp-Fraktion). Das vorliegende Projekt berge jedoch wirtschaftliche Risiken. Eine Rückweisung würde die Möglichkeit für einen Gesamtblick auf die Fernwärme ermöglichen. Seine Fraktion, so Thomas Abbt (Die Mitte), wolle das Geschäft vertieft diskutieren und spreche sich deshalb mehrheitlich gegen eine Rückweisung aus.

Mehrere Redner votierten daraufhin für eine Rückweisung. Sie machten insbesondere geltend, dass eine Gesamtschau für die Fernwärme in der Region Wil fehle und die Abnehmer der durch das vorliegende Projekt produzierten Wärme noch nicht verpflichtet seien. Zudem sei ein vorliegender Expertenbericht, der sich kritisch zum Projekt äussere, nicht berücksichtig worden. Schliesslich sprach sich das Parlament knapp für die Rückweisung des Geschäfts aus.

Einlage in den Energiefonds wird erhöht

Sodann beriet das Stadtparlament über eine zusätzliche Einlage von 600'000 Franken in den Energiefonds. Das Energiefondsreglement sieht eine Einlage von 400'000 Franken jährlich für die Förderung von Photovoltaik und energetischen Sanierungen von Gebäudehüllen vor. Aufgrund der hohen Nachfrage soll die Einlage erhöht werden. Ohne diese zusätzliche Einlage in den Energiefonds könne die Förderung nicht mehr im bekannten Masse aufrechterhalten werden, erklärte GPK-Präsident Luc Kauf. Die Vorlage sei in der Geschäftsprüfungskommission unbestritten gewesen. Die GPK erwarte für die Zukunft aber klarere Aussagen zur kurz- und mittelfristigen Entwicklung des Energiefonds. Kauf wies zudem darauf hin, dass der Energiefonds künftig über einen Zuschlag auf die Netznutzung geäufnet werde.

Der Energiefonds sei sehr erfolgreich und unterstütze die Erreichung der Klimaziele, bekräftigte Stadtrat Andreas Breitenmoser. Ohne eine Erhöhung der Einlage müsse mittelfristig eine Warteliste geführt werden. Auch die Sprechenden der Fraktionen äusserten sich positiv zur beantragten zusätzlichen Einlage. Sie betonten, dass erneuerbare Energien gefördert werden sollten und die Förderbeiträge zur Erreichung der Klimaziele wichtig seien. Die Fraktionen der SVP und der FDP-glp regten an, die Höhe der Förderbeiträge zu überprüfen. Das Stadtparlament stimmte dem Geschäft schliesslich grossmehrheitlich zu. Der Empfehlung der GPK, einen Finanzplan für den Energiefonds zu erstellen und die geförderten Massnahmen jährlich zu überprüfen, stimmte das Stadtparlament ebenfalls zu.

Interpellationen

Luc Kauf (GRÜNE prowil) war mit der Antwort des Stadtrats auf seine Interpellation "Generation 60+ und Personen im Deutsch als Zweitsprache – bei digitalen Angeboten im Abseits?" unzufrieden und wünschte die Diskussion. Er machte geltend, dass niemand von gewissen Angeboten ausgeschlossen werden dürfe. Der Antrag auf Eröffnung der Diskussion wurde vom Stadtparlament abgelehnt.

Weiter wurden folgende sieben Interpellationen behandelt: "Wiler Finanzierung des russischen Regimes durch Gasimporte?" von Timo Räbsamen (JUSO), "Verdoppelung der Fördergelder für externe Kinderbetreuung beim Kanton – auf welchen Standpunkt stellt sich der Stadtrat?" von Brigitte Gübeli (Die Mitte), "Dauerbaustelle am Ulrich-Hilberweg gefährdet Fuss- und Veloverkehr" von Sebastian Koller (GRÜNE prowil), Wiler Bäder für viele von Anja Bernet (SP), "Stadtfondsreglement sinnvoll ausgestalten und umsetzen" von Marco Albrecht (SVP), "Tempo 30 als "Game Changer für die Stadtentwicklung" von Matthias Loepfe (GRÜNE prowil), "Bezugspersonen in der Wiler Volksschule" von Christina Rüdiger (SVP).

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18.01 Nahwärmeverbund Lenzenbüel, Wil – Etappe 1

Rückweisungsantrag der Fraktion GRÜNE prowil:

Das Geschäft sei an den Stadtrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, dem Parlament zeitnah ein Gesamtprojekt zur Wärmeversorgung mit Fernwärme in der Stadt Wil zu unterbreiten.

19 Ja, 16 Nein, 1 Enthaltung

18.02 Einlage in den Energiefonds

Antrag des Stadtrats:

Es sei eine zusätzliche Einlage von Fr. 600'000.-- in den Energiefonds der Stadt Wil zu genehmigen.

36 Ja, 0 Nein, 1 Enthaltungen

Empfehlung der GPK:

Analog dem jährlichen Finanzplan der Stadt Wil ist ein Finanzplan für den Energiefonds vorzulegen und in diesem Rahmen sind die Fördertatbestände und die höhe der Förderbeiträge jährlich zu überprüfen.

36 Ja, 0 Nein, 1 Enthaltungen

18.03 Interpellation Timo Räbsamen (JUSO) – Wiler Finanzierung des russischen Regimes durch Gasimporte?

Beantwortung

18.04 Interpellation Brigitte Gübeli (Die Mitte) – Verdoppelung der Fördergelder für externe Kinderbetreuung beim Kanton – auf welchen Standpunkt stellt sich der Stadtrat?

Beantwortung

18.05 Interpellation Luc Kauf (GRÜNE prowil) – Generation 60+ und Personen im Deutsch als Zweitsprache – bei digitalen Angeboten im Abseits?

Beantwortung

Antrag auf Diskussion

13 Ja, 22 Nein, 2 Enthaltungen

18.06 Interpellation Sebastian Koller (GRÜNE prowil) – Dauerbaustelle am Ulrich-Hilberweg gefährdet Fuss- und Veloverkehr

Beantwortung

18.07 Interpellation Anja Bernet (SP) – Wiler Bäder für viele

Beantwortung

18.08 Interpellation Marco Albrecht (SVP) – Stadtfondsreglement sinnvoll ausgestalten und umsetzen

Beantwortung

18.09 Interpellation Matthias Loepfe (GRÜNE prowil) – Tempo 30 als "Game Changer" für die Stadtentwicklung

Beantwortung

18.10 Interpellation Christina Rüdiger (SVP) – Bezugspersonen in der Wiler Volksschule

Beantwortung

Antrag auf Diskussion

10 Ja, 27 Nein, 0 Enthaltungen

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38 von 40 Mitgliedern des Stadtparlaments waren an der Sitzung anwesend. Entschuldigt waren Salome Zeintl (Jungfreisinnige), Stephanie Marty (FDP) und Adrian Bachmann (FDP). Etwas später stiessen Reto Gehrig (Die Mitte, 17.10 Uhr), Dominik Egli (SVP, 17.10 Uhr) und Adrian Bachmann (FDP, 19.10 Uhr) hinzu. Michael Sarbach (GRÜNE prowil) verliess die Sitzung etwas früher (20.10 Uhr).

Parlamentspräsident Pascal Stieger gab die Zusammensetzung der nicht ständigen Kommission Postulat "Fair Trade Town Wil" von Kilian Meyer (SP) bekannt: Christine Hasler (Die Mitte, Präsidentin), Sandra Lusti (Die Mitte), Marco Albrecht (SVP), Christina Rüdiger (SVP), Harry Huber (glp), Silvia Ammann (SP), Luc Kauf (GRÜNE prowil).

Stieger verlas das Rücktrittsschreiben von Stadtparlamentarierin Brigitte Gübeli (Die Mitte) und schloss die Sitzung um 20.24 Uhr.

Ausführliche Informationen zur Parlamentssitzung sind hier zu finden.