05. Juli 2021
Der Kinderhort öffnete 1991 als erstes schulergänzendes Betreuungsangebot in der Stadt Wil. Heute ist er Teil der städtischen Tagesstrukturen. Neun Mitarbeitende und zwei Lernende betreuen in einem Haus an der Thuraustrasse am Morgen, Mittag und Nachmittag 65 Kinder der Primarschule Lindenhof. Auch während neun Schulferienwochen hat der Kinderhort geöffnet. Jeder Tag ist ausgebucht. Petra Gähwiler arbeitet seit 1998 im Kinderhort und leitet ihn seit 2004. Im Interview erklärt sie, wie der Alltag im Kinderhort aussieht.
Wie sieht ein Tagesablauf im Kinderhort aus?
Wir öffnen morgens um 6.30 Uhr. Die Kinder kommen zum Morgenessen und verabschieden sich kurz vor 8 Uhr in die Schule. Zwischen 8.00 und 11.40 Uhr sind keine Kinder im Hort. Ich erledige dann Büroarbeit oder gehe einkaufen. Ab 10.00 Uhr beginnen wir mit den Vorbereitungen für das Mittagessen. Im Kinderhort kochen wir selber. Am Mittag ist hier Rambazamba. Nach dem Essen und Zähne putzen können die Kinder spielen oder sich ausruhen. Einige gehen wieder in die Schule, andere sind den ganzen Nachmittag hier.
In der Schule ist oft vorgegeben, was die Kinder wann machen sollen. Uns ist es deshalb wichtig, dass sie bei uns im Kinderhort ihre Zeit frei einteilen können und nicht von einem dichten Programm gestresst sind.
Welche Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es im Kinderhort?
Wir haben viele verschiedene Räume, das ist der Vorteil dieses alten Hauses. Im Untergeschoss haben wir einen grossen Bewegungsraum. Im Erdgeschoss gibt es drei Zimmer zum Spielen, Malen oder Basteln. In diesen Räumen essen wir auch am Mittag. Im Obergeschoss haben wir eine Ecke zum Faulenzen, eine kleine Spielküche und eine Bauecke. Oft gehen wir in den Wald, auf den nahegelegenen Spielplatz oder die Kinder spielen in unserem Garten.
Seit einiger Zeit haben wir auch eine Gesprächsecke. Die Kinder versuchen dort, ihre Konflikte selbst zu klären. Ein grosser Teddybär hört zu. Meist klappt das sehr gut.
Was ist das Besondere am Kinderhort und welche Werte sind euch besonders wichtig?
Die bunten Wände! Wir streichen sehr gerne. Die Wände sind so bunt wie es die Kinder auch sind. Alle bringen ihren eigenen Hintergrund mit. Wir begleiten die Kinder teilweise vom Kindergarten bis zur 6. Klasse. Das ist schön und spannend.
Wichtig sind uns Anstand, Respekt und Toleranz. Es sind kleine Dinge wie "Danke" und "Bitte" zu sagen, die wir mit den Kindern immer wieder üben. Unser Ziel ist es, mitzuhelfen, dass die Kinder später ihren Platz in der Gesellschaft finden.
Wie hat sich der Kinderhort in den letzten 30 Jahren entwickelt?
Wir haben viel mehr Kinder als zu Beginn. Was mir auch auffällt: Früher besuchten mehrheitlich Kinder von Einelternfamilien den Kinderhort. Heute sind es meist Familien, bei denen beide Elternteile arbeiten. Früher hiess es oft, wer sein Kind in den Kinderhort schicke, sei eine Rabenmutter. Das ist zum Glück nicht mehr so. Der Kinderhort ist zu einem festen Bestandteil der Schule geworden.
Welches sind die grössten Herausforderungen bei der Arbeit im Kinderhort?
Alle Beteiligten haben andere Erwartungen – die Eltern, die Kinder, die Schule. Allen Ansprüchen gerecht zu werden, ist herausfordernd. Wir entgegnen dem, indem wir möglichst transparent sind und gemeinsam nach Lösungen suchen.
Welches sind die Wünsche für die nächsten 30 Jahre?
Wir wünschen uns grössere Räumlichkeiten für den Kinderhort. Ich wünsche mir zudem, dass ein schulergänzendes Betreuungsangebot selbstverständlich wird und alle die Möglichkeit haben, ihre Kinder betreuen zu lassen.